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Interview mit Dr. Klass

Dr. Jürgen Klass, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in München hat viele ältere Kapitalanlegern unter seinen Mandanten. Dr. Klass: „Gerade ältere Menschen werden schnell Opfer der klassischen Anlageberatung!“ Nicht umsonst investierten auffällig viele Senioren in langfristige Anlagemodelle wie z.B. geschlossene Schiffsfonds: „Hier sind die Provisionen für die Berater besonders hoch gewesen, da mussten schnell zu überzeugende Opfer her!“ Nachfolgend ein aktuelles Interview, dass www.anlegerschutz.tv mit Dr. Klass führte:

Die Anlageberatung in der Bank wird von vielen Verbraucherschützern kritisiert. Zu Recht?

RA Dr. Jürgen Klass: Ja, denn sie ist in vielen Fällen rein provisionsgetrieben. Der Berater verkauft dem Kunden oftmals Produkte, die nicht der Kunde, sondern in erster Linie die Bank braucht – nämlich zur Erreichung ihrer Ertragsziele.

Was ist schlimm daran, dass die Bank auch ihre Ertragsziele und Gewinnmargen im Auge hat?

RA Dr. Jürgen Klass: Zur Beurteilung einer Anlageempfehlung muss der Kunde wissen, in welchem Umfang seine Bank von dem Geschäft heimlich profitiert. Denn sie könnte geneigt sein, gerade das Produkt zu verkaufen, das ihr über verdeckte Rückvergütungen den größten Verdienst bringt, dem Anleger aber nur wenig Nutzen stiftet. Es geht also um den Interessenskonflikt zwischen einer anlegergerechten Beratung auf der einen und der eigenen Profitmaximierung auf der anderen Seite. Das muss dem Kunden transparent gemacht werden.

Haben die Banken eine spezielle Zielgruppe im Visier?

RA Dr. Jürgen Klass: Bedenklich ist, dass viele Geldhäuser in der Vergangenheit recht skrupellos vorgegangen sind, um provisionsträchtige Produkte in den Markt zu drücken. Vor allem ältere Leute waren dankbare Opfer. Gewinnt man ihr Vertrauen, lässt sich einiges anstellen. Oft nur durch Zufall entdecken dann Familienangehörige, Betreuer oder Erben, dass die Bank Finanzprodukte verkauft hat, die von vornherein gar nicht auf die persönliche Lebenssituation des Kunden und dessen Erfahrungen, Kenntnisse und Ziele zugeschnitten waren.

Warum lassen sich die Kunden und speziell Senioren darauf ein?

RA Dr. Jürgen Klass: Den Kunden wird in der Beratung viel erzählt und das meiste glauben sie. Der Vertrauensvorschuss in die Bankberater ist noch immer viel zu groß. Kaum ein Kunde traut sich, nein zu sagen, oder fragt den Berater, was das Geldinstitut eigentlich am Verkauf der Produkte verdient. Ältere Kunden haben oft noch das Bild vom Bankbeamten im Kopf; sie nehmen ihn wie einen Treuhänder wahr, der sich um ihr Geld kümmert. Dass sich in den Filialen der Finanzinstitute aber alles nur noch um den schnellen Produktverkauf dreht, wird ausgeblendet. Zeichen, die darauf hindeuten, wie etwa Werbeplakate oder Prospekte, nehmen die älteren Kunden nicht bewusst wahr. Und daher machen sie Fehler. So ist es tatsächlich vorgekommen, dass sich 80-Jährige auf Schiffsfonds mit Laufzeiten von 20 Jahren eingelassen haben.

Ist denn alles schlecht, was der Berater dem Kunden empfiehlt?

RA Dr. Jürgen Klass: Keineswegs. Allerdings werden das Produkt und seine Besonderheiten häufig nur schlecht erklärt. Der Kunde ist als Laie überfordert, er kann die Gefahren und die Eigenart der Anlage nicht richtig einschätzen. Geldanlegen ist wie Autofahren: Wenn man auf den Anlasser drückt, erwartet man, dass der Motor anspringt - ohne genau zu verstehen, warum. Dumm nur, wenn dann der Kofferraum aufgeht. Oder der ganze Wagen explodiert.

Merken die Kunden nicht, dass ihnen überwiegend teure, komplizierte und riskante Produkte verkauft werden?

RA Dr. Jürgen Klass: Das Vertrauen in die Finanzberatung hat in letzter Zeit zwar gelitten, es führt aber noch zu keiner wesentlichen Verhaltensänderung, zumal die Beratung in der Bank auf den ersten Blick nichts kostet. Seit einiger Zeit werben die Banken verstärkt mit der Aussage "Bei der Vermögensanlage stehen die Bedürfnisse und die finanzielle Situation der Kunden klar im Mittelpunkt".

Was ist von solchen Versprechungen zu halten?

RA Dr. Jürgen Klass: Das klingt nach: Wir haben gelernt! Nie wieder sollen Senioren ihre Ersparnisse verlieren, weil beredsame Banker Risikopapiere als sichere Geheimtipps priesen. Nie wieder soll von "AD"- Kunden die Rede sein - von "Alten und Doofen", denen man praktisch alle Finanzprodukte aufschwatzen kann. Aber leider ist festzustellen: Es hat sich nur wenig geändert. Die bankinternen Zielvorgaben sind ähnlich hoch wie vor der Finanzkrise, also auf ehrlichem Beratungswege kaum erreichbar.

Mit welchen Tricks arbeiten die Kundenberater?

RA Dr. Jürgen Klass: Zum einen versucht man, unter dem Deckmantel der ganzheitlichen Beratung, verstärkt Versicherungen zu verkaufen. Zusätzlich werden alle Produkte im Depot gedreht, weil auch das mehr Provision bedeutet. Im Drei-Monats-Takt wird auf die Anleger eingeredet, um irgendetwas zu verkaufen. Es gibt ja Tausende von Wert- und Kapitalmarktprodukten. Das Problem ist: Die Bank tritt gegenüber ihrem Kunden als unabhängiger Finanzoptimierer auf. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage beratene Kunde muss nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung in erster Linie eigene Provisionsinteressen verfolgt.

Welche Provisionen fließen denn an die Geldinstitute, wenn sie z.B. Aktienfonds oder Schiffsbeteiligungen vermitteln?

RA Dr. Jürgen Klass: Es ist eine alte Weisheit: Die Bank verdient immer. Welche Produkte sie ihren Kunden auch verkauft und wie gut oder schlecht deren Rendite am Ende auch ausfällt – die Bank hat ihre Provision in jedem Fall in der Tasche. Dem Kunden wird verschwiegen, dass die Bank von der Anlagegesellschaft und/oder dem Handelspartner der beworbenen Produkte eine Vertriebsprovision erhält, die sich aus einer Beteiligung (bis zu 100 %) am Ausgabeaufschlag, einer Platzierungsprovision (einmalige Vertriebsvergütung) und einer bestandsabhängigen Vergütung zusammensetzt. Die Bank leitet Teile dieser Provisionen ggf. dem kundenbetreuenden Vermittler zu. Dadurch kann die Beratung beeinflusst werden.

Was hat es mit der Vertriebsfolgeprovision auf sich?

RA Dr. Jürgen Klass: Der Emittent zahlt die Vertriebsfolgeprovision als umsatzabhängige Vertriebsvergütung an die Kundenbank. Sie wird bestandsabhängig wiederkehrend aus der Verwaltungskostenpauschale geleistet. Dies bedeutet: Die Bank erhält aus der Verwaltungsgebühr der Fondsgesellschaft eine jährliche Bestandsprovision; diese sehr lukrative Einnahmequelle ist vielen Kunden nicht geläufig.

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